Psychische Probleme bei Mitarbeitenden: Was kann HR tun?

4.9.2023

Immer öfter sind HR Verantwortliche erster Ansprechpartner, wenn es Mitarbeitenden mental nicht gut geht. Doch wie kannst du als HR Verantwortliche:r Mitarbeitenden mit psychischen Problemen konkret unterstützen?

Likeminded Redaktion

Inhalt

Die To-do-Listen moderner Personalabteilungen wachsen und werden immer vielfältiger. Konzentrierten sich HR-Teams noch vor wenigen Jahren vorrangig um Themen wie Recruiting, Onboarding und allgemeine Fragen zu Urlauben und Co., umfasst ihr heutiges Aufgabengebiet immer öfter auch die Unterstützung der Mitarbeitenden in deren Arbeitsalltag. In vielen Unternehmen sind Personalverantwortliche zur zentralen Anlaufstelle für alle Themen rund um die Herausforderungen und das Miteinander im Job geworden.

Da heutzutage Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterzufriedenheit und die Attraktivität von Arbeitgebern am Arbeitsmarkt eine immer größere Rolle spielen, wird schnell klar, dass moderne HR-Teams um ihre Verantwortung im Bereich der psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden nicht herumkommen.

„Egal, was ich sage, meine Vorgesetzte hört mir einfach nicht zu“, erzählt Sarah M. ihrem Kollegen Nik K. aus der Personalabteilung. „Ich schlafe schon schlecht, komme morgens nicht mehr gerne ins Büro und bringe nichts weiter.“

Aber was kannst, sollst und musst du als Personalverantwortliche:r tun, wenn du mit Mitarbeitenden, die mit psychischen Problemen kämpfen, konfrontiert bist? Im folgenden Artikel gehen wir auf 4 Wege ein, wie du Mitarbeitende mit mentalen Problemen unterstützen kannst.

1. Zur Verfügung stehen

Sobald HR-Verantwortliche zu Ansprechpartner:innen für alle physischen und psychischen Leistungsfaktoren am Arbeitsplatz werden, finden sie sich nicht selten in der Rolle von Ersthelfer:innen wieder. Als solche können Personalbeauftragte Mitarbeitenden helfen, indem sie:

  • in Gesprächen aufmerksam zuhören und aktiv nachfragen
„Wie meinst du das, wenn du sagst, dass du nicht mehr ins Büro kommen möchtest? Was genau befürchtest du, dass passiert?“ HR-Manager Nik K.

  • aufmerksam sind und Kolleg:innen persönlich ansprechen
„Ich habe das Gefühl, dass es dir schon länger nicht so gut geht? Möchtest du vielleicht darüber reden oder kann ich sonst irgendwie helfen?“
HR-Manager Nik K.

  • Kolleg:innen ermutigen, sich Hilfe zu suchen
„Hast du jemandem, mit dem du darüber reden kannst? Freunde, Freundinnen, Familie oder eine Vertrauensperson wie einen Arzt oder eine Ärztin?“
HR-Manager Nik K.

  • Hilfe bei der Suche nach professionellen Ansprechpartner:innen anbieten
„Ich kann dir helfen, jemanden zu finden, der dir professionell zur Seite steht. Eine erste Anlaufstelle wäre zum Beispiel …. Ich schick dir deren Nummer und E-Mail-Adresse.“
HR-Manager Nik K.

  • Kolleg:innen interne Ressourcen an die Hand geben
„Kennst du schon unsere Kurse über Konfliktmanagement oder Teamkommunikation? Könnte dir einer davon vielleicht weiterhelfen?“
HR-Manager Nik K.

Je mehr Lösungswege ihr extern und intern anbieten könnt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr als HR-Team möglichst vielen Kolleg:innen mit psychischen Problemen helfen könnt – und zwar ganz professionell, ohne dass ihr ihnen zu nahe tretet.

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2. Motivieren und fördern

Jede Personalabteilung – unabhängig von der Größe des Unternehmens – kann es Mitarbeitenden leichter machen, sich schnell und unkompliziert Hilfe zu holen. Fakt ist: Je rascher ein psychisches Problem erkannt und behandelt wird, desto schneller geht es den Betroffenen besser und sie können im beruflichen Alltag wieder durchstarten. 

Damit dies im Unternehmen gut funktioniert, können HR-Teams:

  • regelmäßig auf die Möglichkeiten hinweisen, sich Hilfe zu holen oder anonym auf Missstände hinzuweisen
„Ich kann gut verstehen, wenn du mit mir nicht darüber reden willst. Wusstest du, dass du Missstände auch online über unser System melden kannst? Das ist komplett anonym, dazu sind wir gesetzlich verpflichtet. Du brauchst also keine Angst haben, dass du danach schief angeschaut wirst.“ HR-Manager Nik K.

„Hast du den HR-Newsletter von letzter Woche bekommen? In dem haben wir über Konfliktmanagement und Teamkommunikation informiert. Im Intranet läuft auch gerade eine Kampagne. Die Banner dazu hast du bestimmt schon entdeckt. Schau doch mal rein.“
HR-Manager Nik K.

  • einfach, schnell und für alle zugängliche Ressourcen zur Förderung der psychischen Gesundheit (wie Likeminded) zur Verfügung stellen
„Vielleicht sollte ich mal auf diese Plattform schauen. Dort kann man ja auch einen Gesprächstermin mit jemand Externen vereinbaren.“
Kollegin Sarah M.

Die Aufgabe von HR ist es definitiv nicht, die individuellen psychischen Probleme aller Mitarbeitenden zu beseitigen. Weder die Personalabteilung noch das Unternehmen oder dessen Führungskräfte können ein gesundes (soziales) Umfeld oder gar professionelle psychologische Hilfe ersetzen.

Personalverantwortliche können jedoch dafür sorgen, dass andere – speziell dafür ausgebildete – Menschen das tun: Psychotherapeut:innen, Psycholog:innen, Coaches, Mentor:innen oder andere entsprechend geschulte Berater:innen. Diese für die Menschen greifbarer zu machen, gehört definitiv zu den neuen Aufgaben moderner HR-Teams.

3. Vorsorgen statt nachsorgen

Dass Vorsorge besser als Nachsorge ist, gilt in vielen Bereichen. Wenn es um die psychische Gesundheit geht, hat die Aussage allemal ihre Bewandtnis. Für eine bestmögliche Vorsorge könnt ihr als Personalbeauftragte:

  • an der Unternehmenskultur arbeiten und darauf achten, dass es ein Bewusstsein für mentale Gesundheit gibt und die richtigen Prozesse eingeführt wurden, die das mentale Wohlbefinden aller fördern
  • die notwendigen Kompetenzen im Unternehmen aufbauen, indem ihr – nicht nur, aber vor allem Führungskräfte – zum Thema schult und Follow-up-Trainings zum Auffrischen und Üben anbietet
  • die richtigen Ressourcen (wie Likeminded) zur Verfügung stellen, damit jeder und jede die Möglichkeit hat, sich proaktiv um die eigene mentale Gesundheit zu kümmern

Gelingt es euch als HR-Abteilung, mit gezielten Maßnahmen zu verhindern, dass psychische Probleme überhaupt entstehen, erspart ihr eurem Unternehmen auf lange Sicht viel Zeit und Mehrkosten. Und ihr schafft ein weiteres Argument, das in Zeiten wie diesen klar für euch als Arbeitgeber spricht.

4. Das Tabu und Stigmata überwinden

Damit man sich mentalen Problemen aktiv annehmen kann, muss zunächst darüber gesprochen werden. Doch die Psyche ist ein sensibles Thema. Einen anderen Menschen, bei dem man den Verdacht hat, dass etwas nicht stimmt, darauf anzusprechen, bedarf viel Feingefühl.

Damit dies leichter gelingt, gibt es ein erprobtes Schema, nach dem man vorgehen kann. Es stammt aus der Feder des Dachverbands der deutschen Betriebskrankenkassen und der Familien-Selbsthilfe-Psychiatrie und nennt sich H-I-L-F-E.

  • SCHRITT 1: H steht für „Hinsehen und ansprechen“
„Ich habe bemerkt, dass du seit Kurzem öfter zu spät kommst. Das macht mir Sorgen und ich würde gerne verstehen, wie es dir gerade wirklich geht. Vielleicht kann ich helfen?“Führungskraft von Sarah M. beim Vieraugengespräch

  • SCHRITT 2: I steht für „Initiative ergreifen und Hilfsbereitschaft signalisieren“
„Was müsste sich ändern, damit du wieder gerne zur Arbeit kommst? Was kann ich oder können wir als Unternehmen dafür tun?“
HR-Manager Nik K.

  • SCHRITT 3: L steht für „Leitungsfunktion wahrnehmen und zur Selbsthilfe motivieren“
„Ich habe das Gefühl, dass sich die Situation nicht wirklich verbessert hat. Wie könnten wir dir dabei helfen, selbst aktiv zu werden, damit es dir bald besser geht? Ich helfe dir gerne, wenn ich kann, aber nur du weißt, was du brauchst, um dich wohlzufühlen.“
HR-Manager Nik K.

  • SCHRITT 4: F steht für „Führungsverantwortung wahrnehmen und Leistung einfordern“
„Ich sehe, dass es gerade nicht so leicht ist für dich. Kann ich etwas für dich tun? Wie kommst du denn mit deinem Projekt voran? Machst du Fortschritte? Wir benötigen deinen Abschlussbericht bis Ende des Monats, sonst bekommen wir Druck von oben.“
Führungskraft von Sarah M.

  • SCHRITT 5: E steht für „Expert:innen hinzuziehen“
„Ich habe das Gefühl, dass es dir noch nicht wirklich besser geht. Das macht mir Sorgen. Möchtest du vielleicht mit einem externen Coach darüber reden?“
HR-Manager Nik K.

Wichtig ist, dass Hilfsangebote freiwillig bleiben, denn Zwang wird sich – insbesondere im psychischen Bereich – negativ auswirken. Als HR-Abteilung könnt ihr niemanden dazu zwingen, sich selbst zu helfen oder helfen zu lassen, ihr könnt aber ein möglichst vielfältiges Angebot schaffen, in dem der Großteil eurer Mitarbeitenden in ihrer jeweiligen Situation und mit ihren individuellen Bedürfnissen fündig werden.

Fazit

Steht als Ansprechpersonen zur Verfügung, motiviert andere dazu, Angebote zu nutzen und sich Hilfe zu holen, und schafft eine gute Basis für mentale Gesundheit, damit psychische Probleme – zumindest am Arbeitsplatz – so selten wie möglich entstehen. 

So einfach diese drei Handlungsräume klingen, so schwierig gestaltet sich vielerorts die praktische Umsetzung. Denn die Maßnahmen, die man setzen kann, sind vielfältig, und was in welchem Unternehmen am besten funktioniert, hängt von diversen Faktoren ab.

Holt euch daher im Zweifelsfall Hilfe von Expertinnen und Experten. Das Team von Likeminded steht euch gerne zur Verfügung und unterstützt euch nicht nur mit seiner umfassenden Plattform, sondern steht auch jederzeit gerne beratende zur Seite.

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Quellen
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