Der Winter kann hart sein – für einige mehr, für andere weniger. Ob es sich bei Müdigkeit und schlechter Stimmung um ein Stimmungstief oder eine ausgewachsene Winterdepression handelt, ist manchmal gar nicht so leicht erkennbar.
Was also unterscheidet eine Winterdepression von einer Stimmungsveränderung, welche Ursachen hat sie und welche Maßnahmen kannst du zur Prävention und bei ihrem Auftreten ergreifen? Hier findest du alles, was du über die Winterdepression wissen musst.
Wie fühlt sich eine Winterdepression an?
Wenn sich die Welt in eine weiche, weiße Decke hüllt und die Lichterkettenausgepackt werden, ist die oft als besinnlich angepriesene Winterzeit nicht fern. Doch für viele ist der Winter mit vielen unangenehmen Dingen verbunden: kürzere, dunklere Tage und daraus folgende Müdigkeit und Schlappheit, der kein Pumpkin Spiced Latte etwas anhaben kann.
Auch der kurzzeitig ansehnliche Schnee ist schnell zu Matsch geschmolzen und über Nacht zu Eis gefroren. Wenn sich die kleinen Streusteine ihren Weg auch in die letzten halbwegs trockenen Schuhe gebahnt haben und du nicht nur sprichwörtlich die Nase so langsam voll hast vom Winter, lohnt es sich, innezuhalten und dich zu fragen, ob dein Stimmungstief vielleicht eine Winterdepression ist.
Was ist eine Winterdepression?
Eine Winterdepression ist eine depressive Verstimmung, die vor allem im Herbst und Winter auftritt. Sie zählt zu den saisonal-affektiven Störungen (auch SAD genannt, aus dem Englischen Seasonal Affective Disorder), weshalb sie als rezidivierende (dh. wiederkehrende) depressive Störung verstanden wird.
Im schlimmsten Fall kann sie jährlich wiederkehren. Zwar können die Symptome einer Winterdepression unterschiedlich ausfallen, zu den am häufigsten zählen jedoch
- Stimmungsänderungen,
- Schlappheit und extreme Müdigkeit
- und eine generelle Lustlosigkeit für jene Aktivitäten, die zuvor als positiv wahrgenommen wurden.
- Auch Ängste und für andere depressive Verstimmungen eher ungewöhnliche Heißhungerattacken auf Süßigkeiten und Kohlenhydrate gehören zu den Beschwerden.
Die Auswirkungen können nicht nur das Privatleben und die Lebensqualität des Betroffenen einschränken, anhaltende oder sogar stärker werdende Beschwerden gravierende Langzeitfolgen mit sich bringen, wie z.B. einen Burnout.
Was ist der Unterschied zwischen einer Winterdepression, einer Depression und einem Stimmungstief?
Mit immer kürzer werdender Tageslichtzeit kann sich der Winter endlos anfühlen. Denn weniger Licht bedeutet häufig auch weniger Aktivität an der frischen Luft und mehr Langeweile zu Hause vor dem Fernseher. Die allherbstlichen Krankheitswellen sorgen dafür, dass schnell mal der ganze Freundeskreis krank ist und bei der Kälte niemand mehr so richtig gerne das Haus verlässt.
Soziale Kontakte sind dann schnell stark eingeschränkt und der Winter kann unter diesen Umständen sehr trist sein. Woher weißt du aber, ob diese Tristesse lediglich ein Stimmungstief ist oder schon zu einer Winterdepression oder einer Depression herangewachsen ist?
*Wenn du oder eine dir nahestehende Person dringend Hilfe benötigt, wende dich bitte umgehend an folgende Anlaufstelle: Telefonseelsorge. Tel. 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222.
Ein Stimmungstief als Reaktion auf Alltags-Umstände und Stress kennt jeder: Auf der Arbeit läuft nichts so, wie geplant, du hast dich mit deiner/m Partner:in gestritten und willst nur noch zurück ins warme Bett. So schnell, wie ein Stimmungstief gekommen ist, verfliegt es glücklicherweise meist auch wieder.
Anders ist es bei der Winterdepression, die mit extremer Schlappheit, Unlust und starkem Kohlenhydrate-Heißhunger einhergeht. Sie hält meist so lange an, bis die Tage wieder länger werden, die Sonne zurückkehrt und Licht in das Leben kommt.
Eine Depression hingegen geht mit saisonal unabhängigem, sehr starkem sozialem Rückzug einher, der von negativen Gedanken bis hin zu Suizidgedanken begleitet wird. In diesem Fall ist das Aufsuchen professioneller Hilfe enorm wichtig.
Ursachen und Risikofaktoren einer Winterdepression
In Deutschland leiden nur rund 1-2 % an einer Winterdepression, was im Vergleich zu einer Depression (8 %) einen nur sehr kleinen Teil ausmacht. Diese Zahl ist in Studien von im Winter noch dunkleren Orten (ja, die gibt es, Alaska zum Beispiel) zeigen, dass rund 10% der Bevölkerung von SAD betroffen sind.
Die Saisonalität der Winterdepression hängt also stark mit den verkürzten Tageszeiten und dem damit verminderten Lichteinfall zusammen, welche eine Umstellung des Hormonhaushalts hervorrufen können.
Zu den Risikofaktoren gehören:
- Vitamin D Mangel: Der Körper produziert Vitamin D, wenn er Sonnenlicht ausgesetzt ist. In den Wintermonaten hat das die Folge, dass weniger oder häufig nicht genug Vitamin D produziert wird. Vitamin D ist nicht nur für den Kalziumhaushalt verantwortlich, sondern trägt darüber hinaus auch zur Produktion von Serotonin, also dem Wohlfühlhormon, bei. Sinkt der Serotoninspiegel, sinkt mit ihm auch die Stimmung. Ein Vitamin-D-Mangel kann außerdem zu Schlafstörungen, Haarausfall und Schlappheit führen.
- Mehr Melatonin: Fehlendes Sonnenlicht wirkt sich zudem auf das sogenannte Schlafhormon Melatonin aus, welches ausgeschüttet wird, wenn weniger Tageslicht auf die Netzhaut fällt. Denn die Augen stellen die innere Uhr, welche Wach- und Schlafzeiten reguliert.
- Saisonale Krankheiten: Grippe- und Erkältungsviren schränken soziale Kontakte weiter ein und sind häufig mit verminderter Aktivität an der frischen Luft verbunden.
- Müdigkeit als Teufelskreis: Anstatt den Serotoninspiegel trotz Lichtmangels mit Sport aufzufüllen, führt ständige Müdigkeit zu noch geringerer Aktivität.
- Schlechte Ernährung: Schlechte oder unzureichende Ernährung kann eine Winterdepression begünstigen und Gefühle von Schlappheit und Lustlosigkeit weiter verstärken.
Tipps zur Vorbeugung und Behandlung von Winterdepression
Einer Winterdepression, die im ungünstigsten Fall jährlich wiederkehrt, kann auf unterschiedliche Weise entgegengewirkt werden.
- Da fehlendes Tageslicht eine der Hauptursachen ist, lohnt es sich, trotz kalter Temperaturen an die frische Luft zu gehen.
- Ein täglicher einstündiger Spaziergang,
- eine Fahrradtour
- oder eine Runde Joggen sind gute Möglichkeiten, nicht nur Vitamin D zu tanken, sondern gleichzeitig den Serotonin- und Dopaminhaushalt aufzubessern.
Gerade im Winter kann dies aufgrund von Erkältungen und anderen Erkrankungen oft zu kurz kommen. Fange damit am besten schon im Spätsommer an, damit sich pünktlich zum Herbstanfang eine Routine einstellen kann. Auch wenn die Winterdepression also bereits eingesetzt hat, kann ihr ein aktiver Lebensstil entgegenwirken.
- Eine Tageslichtlampe mit einer Stärke von mindestens 10.000 Lux kann zusätzliche Abhilfe schaffen:
Dank in den Augen befindlicher Rezeptoren sendet das Protein Melanopsin ein Signal an das Gehirn und „stellt“ so die innere Uhr ein. Im Umkehrschluss wird die Melatoninausschüttung reduziert und die Serotoninproduktion angeregt. Die Nutzung einer Tageslichtlampe bietet sich vor allem vormittags an, um Schlafstörungen zu vermeiden.
- Nicht zuletzt spielt auch eine gesunde Ernährung eine entscheidende Rolle.
Vitamin D kann nicht nur durch Tageslicht oder Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden, auch Vitamin-D-reiche Lebensmittel wie fettiger Fisch, Eigelb und rotes Fleisch können helfen.
Wenn du vermutest, eine Winterdepression zu haben und diese schlimmer zu werden scheint, ist es wichtig, dass du dir professionelle Unterstützung suchst. Diese erhältst du beispielsweise in einer psychotherapeutischen Behandlung, in einer Klinik oder über den Krisendienst. Hier findest du weitere Informationen und Notfallnummern.
Auch einige Arbeitgeber:innen bieten Unterstützung über Lösungen wie Likeminded an. Über solche Plattformen erhältst du Zugang zu einem umfassenden Angebot an mentaler Unterstützung - von Einzelgesprächen und Gruppenworkshops bis hin zu Experten Webinaren und on-demand Inhalten.
Eine Verhaltenstherapie kann beispielsweise dabei helfen, Ressourcen zu stärken und die Resilienz und Achtsamkeit zu erhöhen.
Um aus einer Winterdepression herauszukommen, können aktiv gezielte Maßnahmen ergriffen werden, welche die Symptome verringern oder das Auftreten gänzlich verhindern können.
Ein Kurzurlaub in der Sonne oder Natur, Achtsamkeits- und Atemübungen oder ergänzende Lösungen wie die Lichttherapie sind gute Möglichkeiten, die dunkle Jahreszeit zu überbrücken. Denn die Winterdepression hat immer einen Lichtblick: den bevorstehenden Frühling.