Panikattacken: Definition, Symptome und Wege, mit ihnen umzugehen

29.9.2022

Warst du schon einmal in einer Situation, in der dein Herz schnell zu schlagen anfing, deine Sicht sich verengte, du das Gefühl hattest, nicht richtig oder gar nicht atmen zu können und ohne ersichtlichen Grund in Ohnmacht zu fallen? Falls ja, dann hast du wahrscheinlich eine Panikattacke erlebt.

Nikolaos Pepelias: Likeminded Psychologe & Autor

Inhalt

Was ist eine Panikattacke?

Eine Panikattacke oder eine Panikstörung ist eine Situation, die durch ein plötzliches und schweres Gefühl der Angst oder Beklemmung gekennzeichnet ist, das ein Ausmaß von schrecklicher Furcht erreicht. Dieses Gefühl kommt oft auf dem Nichts und entsteht ohne offensichtliche Auslöser. Menschen, die dies erlebt haben, sagen oft Dinge wie:

  • „Es geschah ganz plötzlich.“
  • „Ich hatte das Gefühl, dass ich sterben würde.“
  • „Ich habe mich nur mit meinen Freund:innen unterhalten und auf einmal habe ich mich gefühlt, als könnte ich nicht mehr atmen.“

Der Name der Panikattacke stammt von dem alten griechischen Gott Panas (auf griechisch haben diese Wörter den gleichen Ursprung), welcher der Beschützer der Bauernhöfe sein sollte. Er war groß, hatte Hörner auf seinem Kopf und versteckte sich in den Büschen, um Passant:innen zu erschrecken.

Wie häufig treten Panikattacken auf?

Panikattacken können mehrmals am Tag oder ein paar Mal im Jahr auftreten. In der Regel dauern sie zwischen 7 und 12 Minuten und werden von Betroffenen als völliger Kontrollverlust oder als Herzinfarkt beschrieben.

Wie verbreitet sind Panikattacken?

Panikstörungen treten bei etwa 2-3 % der Allgemeinbevölkerung auf. Sie hängen offenbar mit bedeutenden Lebensereignissen zusammen, die mit großem Stress verbunden sind, wie z. B. dem Abschluss des Studiums/der Schule, Heirat, Geburt des ersten Kindes, einer Krankheit, einem großen Verlust, einem Unfall usw. Sie treten häufiger bei Frauen als bei Männern auf und beginnen meist zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr.

Was ist der Unterschied zwischen Angst und einer Panikattacke?

Zunächst einmal: Was ist eigentlich Angst? Angst ist eine normale Emotion, die uns motiviert und beschützt. Angst bewegt uns dazu, zur Arbeit zu gehen, unsere Präsentation vorzubereiten und einkaufen zu gehen. Diese Art von Angst ist natürlich funktional und hilft uns in unserem täglichen Leben, wir nennen sie moderat.

Es gibt auch die nicht-moderate Angst, unterteilt in „keine Angst“ und „große Angst“. Wie man sich vorstellen kann, sind beide kontraproduktiv, weil wir uns entweder sehr viele oder gar keine Sorgen machen.

Nicht-moderate Angst ist ein Gefühl von intensivem Unwohlsein, welches Menschen dazu bringt, beängstigende Reize zu vermeiden. Es ist ein diffuses, unangenehmes, oft vages Gefühl, das sich in Furcht, Anspannung und Ängstlichkeit mit physischen Symptomen manifestiert (z.B. Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen, Verdauungsprobleme, Mundtrockenheit, Blässe, Zittern, Kopfschmerzen).

Arten von Angst

Viele Menschen denken, dass Angst und Panikattacken das gleiche sind, weil sie einige gemeinsame Symptome haben, aber das stimmt nicht ganz. Angst wird ausgelöst, wenn ein bestimmter Trigger oder ein Ereignis aufritt, welches die jeweilige Person als Bedrohung wahrnimmt, z.B. Hausaufgaben, ein anstehender Test, eine Präsentation, finanzielle Probleme. Panikattacken, auf der anderen Seite, treten plötzlich und mit schwerwiegenderen Symptomen auf. Hier sind die wichtigsten Unterschiede zwischen Angst und Panikattacken aufgeführt:

Angst vs. Panikattacke

Was sind Symptome einer Panikattacke?

Eine Panikattacke ist ein plötzliches Auftreten intensiver Angst oder intensiven Unbehagens, das innerhalb von Minuten, in der Regel um die zehn Minuten, seinen Höhepunkt erreicht und währenddessen vier (oder mehr) der folgenden Symptome auftreten:

1. Herzklopfen, Herzstoplern oder beschleunigte Herzfrequenz

2. Schwitzen

3. Zittern oder Beben

4. Empfindungen von Kurzatmigkeit

5. Gefühl des Erstickens

6. Schmerzen oder Unbehagen in der Brust

7. Übelkeit oder Unterleibsbeschwerden

8. Schwindelgefühl, Unsicherheit, Benommenheit und Ohnmacht

9. Schüttelfrost oder Hitzeempfindungen

10. Parästhesien (Taubheits- oder Kribbelgefühle)

11. Derealisierung (Gefühle der Unwirklichkeit) oder Depersonalisierung (Losgelöstsein von sich selbst)

12. Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden

13. Todesangst

Hinweis: Der plötzliche Anstieg kann aus einem ruhigen oder einem ängstlichen Zustand heraus erfolgen.

Diagnose von Panikattacken oder einer Panikstörung

Eine Panikstörung wird diagnostiziert, nachdem körperliche Störungen, die Angstzustände nachahmen können, ausgeschlossen wurden und wenn die Symptome die diagnostischen Kriterien des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition (DSM-5) erfüllen.

Patient:innen müssen wiederkehrende Panikattacken (Häufigkeit ist nicht festgelegt) haben, wobei auf mindestens eine Attacke mindestens einen Monat lang eines oder beide der folgenden Symptome gefolgt sein muss:


  • Ständige Angst davor, weitere Panikattacken zu erleiden oder Sorgen über deren Folgen (z.B. die Kontrolle zu verlieren, „verrückt zu werden“)
  • Unangepasste Verhaltensweisen als Reaktion auf die Panikattacken (z. B. Vermeiden alltäglicher Aktivitäten wie Sport oder soziale Situationen, um weitere Attacken zu verhindern)

Panikattacken besser verstehen – was wirklich in unseren Gehirn und Körper passiert

Obwohl wir dazu neigen zu glauben, dass wir sterben oder verrückt werden, wenn wir eine Panikattacke haben, ist es in Wirklichkeit der Schutzmodus unseres Gehirns, der eingeschaltet wird. Wir glauben, dass etwas schlimmes passiert, aber das ist weit entfernt von der Wahrheit.

Unser vegetatives Nervensystem wird aktiviert, um uns vor wahrgenommenen Bedrohungen zu schützen. Dieses Nervensystem wird auch autonom genannt, weil es von sich aus funktioniert. Wenn wir in unserem Umfeld eine Bedrohung wahrnehmen, dann aktiviert dieses System alle physischen Empfindungen, um uns auf die Gefahr vorzubereiten. Es löst einen Modus aus, der als „Kampf oder Flucht“ bekannt ist. Einige Forscher:innen fügen heutzutage auch das Wort „Ohnmacht“ hinzu, da viele Tiere die Ohnmacht nutzen, um sich der Gefahr zu entziehen – sie stellen sich tot, damit der Jäger verschwindet.

Mit anderen Worten: Du fängst an, eine erhöhte Herzfrequenz zu spüren, weil

  • du das Gefühl hast, dass du vor der Bedrohung weglaufen musst, oder du spürst, wie sich dein Blickfeld verengt, um sich auf die Bedrohung zu konzentrieren und sich nicht in anderen Reizen zu verlieren (Flucht)
  • oder deine Arme und Beine werden taub, weil du das Gefühlt hast, du musst die Bedrohung eliminieren (Kampf)
  • oder du hast das Gefühl ohnmächtig zu werden, um die Bedrohung zu meiden (Ohnmacht)

Aus der biologischen Perspektive produziert unser Körper Adrenalin in unserem Blut, wenn wir uns einer gefährlichen Situation stellen müssen. Adrenalin ist ein Hormon, das unseren Körper in vielen verschiedenen Arten aktiviert, sodass wir mit schwierigen Situationen umgehen können, z.B. diese zu bekämpfen oder sie zu vermeiden. Sobald die Gefahr verschwindet, kehrt unser Körper zu normalen Werten zurück. In Situationen von chronischer Angst und Stress ist es so, als wäre die Gefahr nie verschwunden und unser Körper ist in konstanter Bereitschaft – auch wenn keine Gefahr besteht.

Reagieren auf Bedrohungen damals und heute

Dieser körperliche Weg, um auf Gefahren zu reagieren hat vor vielen Jahren, als Menschen in der Wildnis lebten und vielen Gefahren ausgesetzt waren, absolut Sinn ergeben. Stell dir vor, du hättest in diesen Jahren gelebt, als du in den Wald mit all den wilden Tieren gehen musstest. Sobald man einem Bären begegnet, muss man sich entscheiden, was man tun will – gegen den Bären kämpfen oder vor ihm weglaufen. Der "Kampf-oder-Flucht"-Modus war also dazu da, dir bei dieser Bedrohung, dem Bären, zu helfen.

Als Menschen noch in der Wildnis lebten, war diese Reaktion durchaus sinnvoll. Aber warum passiert das auch noch heute obwohl wir gar nicht mehr mit Bären kämpfen müssen?


Die Antwort liegt in dem Stressniveau, das jede:r Einzelne hat. Stress wird dadurch ausgelöst, wie wir eine Situation sehen und auf diese reagieren. Wenn sich jemand generell gestresst oder ängstlich fühlt verringert sich deren Resilienz und der sensible Mechanismus der „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion wird schneller ausgelöst, insbesondere wenn eine Veranlagung vorliegt.

Der Teufelskreis der Panikattacken

Wenn eine Panikattacke in einer bestimmten Situation auftritt, kann der Verstand leicht lernen, vor dieser Situation Angst zu haben, und die Panikreaktion wird so "eingestellt", dass sie durch die Situation ausgelöst wird.

Die betroffene Person kann ebenfalls zu dieser Situation beitragen, indem sie „normale“ Symptome (z.B. erhöhte Herzfrequenz wegen körperlicher Aktivität, Kaffee oder Medizin) als Symptome von Panik missinterpretiert und somit selbst durch ihre Angst eine Attacke auslöst. Genauer gesagt, entwickelt eine Person, die Panikattacken erlebt, in der Regel negative Gedanken über diese Situation, die sie emotional, körperlich und verhaltensmäßig beeinflussen.

Wenn zum Beispiel eine Person während einer Panikattacke merkt, dass ihr Herz schneller schlägt, wird sie denken, dass sie einen Herzinfarkt bekommt. Dieser Gedanke wird in der Person Angst auslösen, was wiederum das Adrenalin in ihrem Körper steigert. Adrenalin wird andere körperliche Symptome hervorrufen oder das Herz noch schneller schlagen lassen. Infolgedessen wird sich die Person beim nächsten Mal noch mehr vor der Situation fürchten und denken, dass er/sie mit dem Herzinfarkt Recht haben könnte.

Um die Angst zu lindern, fängt die Person schließlich an, alles zu vermeiden, was mit einer möglichen Panikattacke zusammenhängt, oder sie sorgt dafür, dass sie nie allein gelassen wird, damit sie die notwendige Hilfe erhält, falls sie sich unwohl fühlt.

Wie überwindet man Panikattacken?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du deine Panikattacken in den Griff bekommen und überwinden kannst. Hier sind einige Strategien, die du anwenden kannst:

1. Versuche herauszufinden, was der wirkliche Auslöser für die Panikattacke ist.

2. Versuche die Situation und die unangenehmen Gefühle zu akzeptieren.

3. Schreibe deine Gedanken auf und rationalisiere sie.

4. Meide keine Situationen wegen der Angst. Wenn du etwas meiden möchtest, dann meide die Meidung. Je mehr du meidest, desto intensiver werden die Panikattacken.

5. Erinnere dich daran, dass eine Panikattacke höchstens 10 Minuten dauern wird. Es ist etwas, was sich beängstigend anfühlt, aber es wird vorübergehen und dich nicht töten.

6. Versuche dich abzulenken. Du kannst beispielsweise von 20 runterzählen oder den Text deines Lieblingslieds singen.

7. Probiere ein paar Atemübungen aus. Du kannst tief und langsam einatmen, eine Sekunde halten und dann langsam ausatmen. Wiederhole das 5-8 mal. Dadurch normalisiert sich der Atemrhythmus wieder, und der Verstand glaubt, dass die Bedrohung vorbei ist.

8. Nimm keine Medikamente selbstständig ein.

Falls du intensive und häufige Panikattacken erlebst, kann deine Angst so groß sein, dass du sie im Moment nicht alleine bewältigen kannst. Ein:e Psycholog:in kann dich mithilfe von psychologischen Interventionen durch diese schwierigen Zeiten führen.


Falls deine Symptome schwerwiegend sind, dann kann es eine gute Idee sein, eine:n Psychiater:in aufzusuchen, der/die dich angemessen beraten kann, indem er dir Medikamente gibt, die bei der Behandlung von Angststörungen helfen. Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kombination von Medikamenten und Therapiesitzungen mit einem/einer Psycholog:in die besten Ergebnisse bringt.


Eine Panikattacke ist eine Angststörung, welche das Leben der jeweiligen Person schwierig macht, da es durch mehrere störende mentale und physische Symptome charakterisiert ist. Falls du nach dem Ausschluss einer organischen Krankheit Symptome von Panik hast, wende dich an eine:n spezialisierte:n Psycholog:in oder Psychiater:in.


Obwohl sie oft wie eine beängstigende Situation erscheinen, der wir hilflos ausgeliefert sind und die wir nicht überwinden können, sind Panikattacken nicht so gefährlich, wie wir denken. Die Arbeit an uns selbst und an den Bedingungen der Angst kann uns helfen, dysfunktionales Verhalten zu überwinden und unser Leben zu leben, ohne dass Panikattacken uns stark einschränken.

Quellen
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