Positive Unternehmenskultur: Vorteile & Wege sie zu gestalten

6.3.2024

Die Unternehmenskultur ist ein wichtiger Faktor, der das Verhalten und Handeln aller Mitarbeitenden und des Unternehmens selbst bestimmt. Doch was genau steckt hinter einer (positiven) Unternehmenskultur und wie können wir sie gestalten?

Stephanie Merk: Likeminded Psychologin & Autorin

Inhalt

Was ist Unternehmenskultur?

Bei Kultur denkt man zunächst an ferne Länder, fremde Sprachen oder kulinarische Entdeckungen, jedoch hat auch jedes Unternehmen eine eigene Kultur. Unternehmenskultur zeigt sich in der Art der Zusammenarbeit, im Umgang mit Konflikten und Fehlern oder darin, wie Feedback gegeben und Entscheidungen getroffen werden – sie ist also so etwas wie „der Charakter“ eines Unternehmens.

Allgemein bezieht sich die Unternehmenskultur auf die gemeinsamen Werte, Überzeugungen und Praktiken, die das Verhalten und die Einstellungen der Mitarbeitenden an einem Arbeitsplatz prägen. Mitarbeitende, die neu in ein Unternehmen eintreten, werden mit diesen Werten und Normen konfrontiert und sind angehalten, sich mit diesen auseinanderzusetzen. Im Laufe der Zeit entwickeln sich diese Annahmen und Überzeugungen zu Selbstverständlichkeiten und laufen häufig unbewusst ab - man wird also Teil der Kultur. 

Ein Modell der Unternehmenskultur

An dieser Stelle wird bereits deutlich: Unternehmenskultur ist nicht eindeutig fassbar, sondern setzt sich aus einer Vielzahl sichtbarer und unsichtbarer Faktoren zusammen. 

Das Kulturebenen-Modell von Edgar Schein ordnet die Faktoren der Unternehmenskultur anhand ihrer Sichtbarkeit in drei Ebenen: 

  1. Die Artefakte (z.B. Symbole, Kleidung, Unternehmenssprache) auf der ersten Ebene sind prinzipiell sichtbar und bewusst. 
  2. Die zweite Ebene umfasst Normen und Werte des Unternehmens. Diese sind teilweise bewusst und teilweise sichtbar. 
  3. Auf der dritten Ebene sind die Grundannahmen (d.h. bspw. Einstellungen, Überzeugungen oder soziale Beziehungen) verortet. Diese sind unsichtbar und auch unbewusst, beeinflussen sowohl das Denken als auch das Verhalten der Unternehmensmitglieder und bilden die Basis einer Unternehmenskultur.
Das Kulturebenen-Modell nach Edgar Schein
Das Kulturebenen-Modell nach Edgar Schein

Wozu gibt es Kultur in Unternehmen? 

Tatsächlich geht es nicht ohne Kultur – diese reduziert Komplexität und bietet Orientierung für das eigene Verhalten und Handeln als Mitglied in einer Organisation. Beispielsweise muss man über die Kleidung, die man zur Arbeit trägt, nicht weiter nachdenken. 

Darüber hinaus ist Kultur auch ein mächtiger Hebel für den Erfolg und die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens – vor allem, wenn es sich um eine starke bzw. positive Unternehmenskultur handelt (dazu mehr im Folgenden). Die Aussage des bekannten Management-Theoretikers Peter Drucker – „Culture eats strategy for breakfast“ – drückt aus, dass Unternehmenskultur in der Lage ist, die Implementierung einer Strategie zu verhindern, die sich nicht mit der Kultur deckt. Andersherum gilt: Wenn eine starke positive Unternehmenskultur gut mit der Strategie und der Unternehmensführung abgestimmt ist, lässt sich die Leistung eines Unternehmens steigern. 

Woran erkennt man eine positive Unternehmenskultur? 

Grundsätzlich gilt: Eine positive Unternehmenskultur stellt positive Beziehungen, offene Kommunikation, Zusammenarbeit und Innovation in den Vordergrund. 

Im Vergleich dazu kann man eine ineffektive Unternehmenskultur daran erkennen, dass beispielsweise:

  • durch Angst geführt wird und Mitarbeitende im Absicherungsmodus handeln.
  • überdurchschnittlich hohe Abwesenheiten (u.a. Krankheitstage) und Fluktuation auftreten.
  • Zusagen nicht eingehalten werden - egal ob vom Management oder von den Mitarbeitenden - und die Produktivität niedrig ist.
  • schlechte Stimmung, Schuldzuweisungen und Misstrauen spürbar sind.

Erkennungsmerkmale einer positiven Unternehmenskultur können insbesondere sein:

  • Kommunikation ist offen und transparent. 
  • Zusammenarbeit und Teamwork werden unterstützt und gefördert.
  • Die Unternehmenswerte werden sowohl vom Management als auch von den Mitarbeitenden (vor-)gelebt.
  • Probleme werden als Herausforderungen und Fehler als Lernerfahrung betrachtet. Außerdem werden Lösungen und nicht Probleme fokussiert. 
  • Innovation wird gefördert.
  • Der eigene Beitrag zum Unternehmenserfolg wird hervorgehoben.
  • Wertschätzung prägt das Miteinander; Feedback wird offen und konstruktiv vermittelt.
  • Der Gesundheit von Mitarbeitenden - sowohl der mentalen als auch der körperlichen - wird mehr Beachtung geschenkt.

Darüber hinaus ist die Furchtlosigkeit der Unternehmensmitglieder ein wesentlicher Unterschied zwischen positiven und ineffektiven Unternehmenskulturen: Das bedeutet nicht, dass eine positive Unternehmenskultur automatisch „Friede, Freude, Eierkuchen“ im Arbeitsalltag bedingt. Natürlich gibt es auch in Unternehmen mit positiver Kultur Konflikte und es passieren Fehler, aber den Mitgliedern ist klar, dass dies zum Arbeitsalltag gehört und Konflikte gemeinsam gelöst werden. Die Teammitglieder sind engagiert und darauf fokussiert, die Aufgaben und Probleme gemeinsam zu lösen.

Unternehmenskultur und mentale Gesundheit

Diese Art und Weise, mit Konflikten und Fehlern umzugehen, wirkt sich auch in erheblichem Ausmaß auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden eines Unternehmens aus. In Unternehmen, in denen oben genannte Merkmale einer positiven Unternehmenskultur für die Mitarbeitenden erlebbar sind, herrscht ein Klima, in dem Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit wachsen können.  Demgegenüber können ineffektive Unternehmenskulturen die mentale Gesundheit beeinträchtigen.  

Der Zusammenhang zwischen einer positiven Unternehmenskultur und mentaler Gesundheit wird zu großen Teilen durch Führung geprägt: Da Führungskräfte die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und das Miteinander maßgeblich bestimmen, sind sie für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden (mit-)verantwortlich. Ihr Verhalten, ihre Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit sowie ihre Ansätze, mit Belastungen umzugehen und Probleme zu lösen, geben wertvollen Halt und Orientierung. Außerdem braucht eine gesunde Unternehmenskultur ein gemeinsames Wertesystem und ein vertrauensvolles Miteinander. 

Welche Vorteile hat eine positive Unternehmenskultur? 

Eine positive Unternehmenskultur bringt neben den bereits erwähnten viele weitere Vorteile für die Mitarbeitenden sowie die gesamte Organisation mit sich:

  • Mitarbeitende fühlen sich wohl, sind engagiert, leistungsfähiger und -bereiter (höhere Produktivität).
  • Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden ist höher.
  • Mitarbeitende sind mental und körperlich gesünder.
  • Die Arbeitgeberattraktivität steigt: Talente können gewonnen und gehalten werden. 
  • Die Fluktuation ist geringer.
  • Das Unternehmen ist innovativer und agiler.
  • Unternehmen erreichen ihre gesteckten Ziele.

Tatsache ist also: Eine stabile, positive Unternehmenskultur steht in direktem Zusammenhang mit der Produktivität und dem Gewinn eines Unternehmens sowie mit dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Daher ist es offensichtlich, dass es das Ziel von Unternehmen sein sollte, eine positive Kultur zu gestalten.

Wie kann eine positive Unternehmenskultur geschaffen werden?

Unternehmenskultur ist grundsätzlich sehr stabil – mit einem konkreten Plan, viel Arbeit und Zeit kann jedoch eine nachhaltige Veränderung angestoßen werden. 

Es gibt verschiedene Hebel, die Unternehmensverantwortliche nutzen können, um die Kultur positiv zu gestalten:

  • Werte & Unternehmensleitbild: Werte bieten hilfreiche Orientierung im Arbeitsalltag – vor allem, wenn diese offen und klar vermittelt und kommuniziert werden. Darüber hinaus sollten die gemeinsamen Werte und das Leitbild auch von allen Mitgliedern eines Unternehmens gelebt werden.
  • Kommunikation: Eine offene und transparente Kommunikation, Wertschätzung im Miteinander und die Etablierung einer Feedbackkultur tragen dazu bei, das Vertrauen zu fördern und stärkere Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Management aufzubauen.
    Dies kann zu einer effektiveren Entscheidungsfindung, einer besseren Zusammenarbeit und wahrgenommener Sicherheit auf Seiten der Mitarbeitenden führen. Gemäß dem Axiom von Paul Watzlawik „Man kann nicht nicht kommunizieren“ gilt es außerdem, sowohl der direkten als auch der indirekten Kommunikation Aufmerksamkeit zu schenken.
  • Führung: Gute Führung führt auf Seiten der Mitarbeitenden zu Engagement und einer positiven Wahrnehmung der Unternehmenskultur. Eine gute Führungskraft vermittelt, dass jede und jeder Einzelne gebraucht wird, um ein größeres Ziel zu erreichen. Sie motiviert, regt zu Kreativität und Innovation an, stiftet Identifikation und schafft Zusammengehörigkeit, was erfolgskritische Faktoren für eine Organisation sind.
  • Arbeitsumgebung und -bedingungen: Für eine positive Unternehmenskultur braucht es nicht unbedingt den Obstkorb und den Tisch-Kicker; vielmehr sollte für einige grundlegende Umgebungsfaktoren gesorgt werden, wie z.B. aktuelles und funktionierendes Material im Sinne der IT-Landschaft und Software sowie Grundbedürfnisse, wie geregelte Arbeitszeiten.
  • Zusammenarbeit und Teamwork: Eine positive Unternehmenskultur betont auch die Zusammenarbeit und Teamwork, indem Mitarbeitende zur Zusammenarbeit ermutigt sind, Ideen austauschen und sich gegenseitig bei der Erreichung gemeinsamer Ziele unterstützen. Dies fördert das Gemeinschaftsgefühl und die Teamarbeit, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und Produktivität beitragen kann.
    Darüber hinaus ist psychologische Sicherheit ein elementarer Bestandteil: Um eine kreative, innovative und nachhaltig produktive Organisation zu schaffen, muss der Arbeitsalltag frei von Angst vor Verurteilungen oder negativen Konsequenzen sein. Fehler sollten nicht als Scheitern, sondern als Lernerfahrung verstanden werden (Stichwort Fehlerkultur). Die Vermittlung von psychologischer Sicherheit liegt vor allem in der Verantwortung der Führungskräfte und der Unternehmensleitung.  
  • Rolle der Personalabteilung: Die Personalabteilung kann die Unternehmenskultur positiv beeinflussen, indem ihre Mitarbeitenden zum einen Vorbild sind, die Werte internalisieren und in Verhalten übersetzen.
    Zum anderen trägt eine Personalstrategie, die Weiterbildung fördert, Führungskräfte schult und Entscheidungen des Managements frühzeitig kommuniziert, zu einer positiven Unternehmenskultur bei.
  • Vielfalt: Diversität fördert nachweislich Produktivität, Innovation, Kreativität und Entscheidungsfähigkeit. Wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Alter oder Geschlecht gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten, tragen die vielfältigen Blickwinkel zu einem besseren Ergebnis bei.

Jedes Unternehmen ist anders – daher gibt es zum einen nicht das eine Erfolgsrezept für eine positive Unternehmenskultur. Zum anderen sind die ausgewählten Ansätze, die für ein Unternehmen zum Erfolg führen, nicht erfolgversprechend für andere. 

Eine Empfehlung, die allerdings für alle Unternehmen gilt, ist die Einführung von Kennzahlen, um Unternehmenskultur und die Wirksamkeit von Maßnahmen langfristig messbar zu machen. 

Diese Kennzahlen sind meist indirekt messbar, da es sich dabei in erster Linie um weiche Faktoren, wie z.B. Zufriedenheit, Erfahrungswissen in den Teams und Fluktuation handelt. Setzt man diese Kennzahlen jedoch in Relation (z.B. über einen festgelegten Zeitraum) lassen sich Fortschritte erkennen, welche sich unter anderem auf die positive Gestaltung der Unternehmenskultur zurückführen lassen. 

Bei der fehlenden Trennschärfe in der Messung kann die Anwendung eines Frameworks unterstützen (beispielsweise die Matrix aus acht verschiedenen Kultur-Stilen, welche von der Personalberatung Spencer Stuart und der Harvard Business School entwickelt wurde).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine positive Unternehmenskultur für jedes Unternehmen, das in der heutigen schnelllebigen und wettbewerbsintensiven Geschäftswelt erfolgreich sein will, unerlässlich ist. Indem sie Offenheit, Zusammenarbeit, Innovation und Kommunikation in den Vordergrund stellen, können Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt, engagiert und motiviert fühlen und dadurch zum Erfolg des Unternehmens beitragen.

Was heißt dies nun für dich? 

Auch du kannst bei der Gestaltung einer positiven Unternehmenskultur an deinem Arbeitsplatz mitwirken, indem du zunächst darüber nachdenkst, in welcher kulturellen Unternehmensumgebung du grundsätzlich arbeiten möchtest und was diese ausmacht. Im nächsten Schritt kannst du dein Unternehmen aufmerksam nach den entscheidenden Faktoren sowie den oben genannten Hebeln für eine positive Unternehmenskultur analysieren, selbst als Vorbild vorangehen und in deinem Team erste Maßnahmen zur Kulturveränderung besprechen. 

Quellen
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